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Amerika, wir kommen!

19. March von Kathrin | Einsortiert unter Besucher, Gastbeiträge.

Seit einer Woche schon machen meine Eltern San Francisco unsicher und fühlen sich hier, glaube ich, pudelwohl. Natürlich haben wir auch sie gebeten ihre Eindrücke in einem Blog-Beitrag zu schildern. Hier nun die Anreise und die ersten Tage in San Francisco:

Am letzten Donnerstag war es endlich so weit. Voller Erwartung, Anspannung, Nervosiät, Skepsis, aber auch in freudiger Erwartung auf das Wiedersehen mit Kathrin und Thomas bestiegen wir Morgens am Flughafen Münster-Osnabrück den Flieger nach Frankfurt. Dort ging es in den United-Airlines-Jumbo nach San Francisco. Angesichts des riesigen Innenraums erstarrten wir schon ein wenig vor lauter Ehrfurcht vor so einer technischen Meisterleistung.

Der mehr als elfstündige Flug von Frankfurt nach San Francisco erwies sich für uns doch als sehr strapaziös, da wir gar nicht schlafen konnten.

An Bord dann eine erste Überrraschung: Obwohl wir bereits zu Hause mit viel Mühe eine elektronische Einreiseerlaubnis über ESTA erhalten hatten, mussten wir dennoch die übliche grüne Karte und zusätzlich eine Zollerklärung ausfüllen.

Dann endlich landeten wir voller Erwartung in San Francisco. Hier befürchteten wir langwierige Formalitäten (nach Aussage von Bekannten). Doch es gab die zweite Überraschung. Es kam alles viel besser: Recht schnell hatten wir unser Gepäck vom Band gefischt. Beim Immigration-Officer kaum Wartezeit, er war sehr freundlich und hilfsbereit beim Korrigieren der grünen Einwanderungskarte. Dann der Erkennungsdienst mit dem Gerät für Fingerabdrücke: 1.vier Finger der rechten Hand, 2.Daumen der rechten Hand, 3.vier Finger der linken Hand, 4.Daumen der linken Hand, 5.Foto der Augen, noch ein paar belanglose Fragen. Dann wünschte er uns einen schönen Aufenthalt und weiter ging`s zum Zoll.

Der Mann am Zoll schaute kurz auf unsere Erklärung und schickte uns nicht zur Kontrolle, sondern gleich zum Ausgang nach San Francisco.

Kaum bogen wir um die Ecke, kam uns schon Kathrin freudestrahlend und winkend entgegen, wir fielen uns nach so langer Zeit wieder in die Arme. Kurz darauf kam auch Thomas mit dem Auto, wir luden das Gepäck ein und fuhren zur Wohnung. Nach dem Abendessen blieb nicht mehr viel Zeit zur Unterhaltung. Es war schon spät und wir gingen zu Bett.

Das Bett und die Matratze müssen ausdrücklich lobend erwähnt werden. Diese Lösung ist mit Sicherheit besser als die ursprünglich geplante Schlafcouch. Trotzdem bereitete das Schlafen in der ersten Nacht wegen der Zeitumstellung noch Schwierigkeiten.

Am nächsten Tag ging`s nach einem ausgiebigen Frühstück “downtown”. Zunächst war Chinatown das Ziel. Durch das Drachentor gelangt man in eine stets überfüllte Touristenmeile mit all ihren Shops und Restaurants, wo auch die Einheimischen einkaufen: Räucherstäbchenhändler, Apotheken mit undefinierbaren Heilmitteln, die zahlreichen markets, vollgestopft mit seltsamen Waren (Hühnerbeine usw.) bis zur Decke und an der Decke.

Anschließend ging es mit einer altertümlichen Bahn “The Embarcadero” entlang, an den vielen Piers vorbei bis zum berühmten Pier 39, wo uns die Seelöwen begrüßten, die auf Holzinseln im Wasser faul in der Sonne dösten; ab und zu jaulte / bellte einer auf.

Zu Fuß schlenderten wir weiter zu “Fisherman`s Wharf” und zum Wendepunkt der Cable Cars, die auf einer kreisförmigen Plattform um ca. 150 Grad mit Muskelkraft gedreht werden und wieder in die entgegengesetzte Richtung starten. Diese Bahn gibt es schon seit 1873, einige Wagen scheinen noch aus dieser Zeit zu stammen. In solch einen nostalgischen Wagen stiegen wir ein. Wir fuhren etwa zwei Steigungen hinauf bis zur Lombard Street, wo wir unsere Fahrt unterbrachen.

Hier geht es zwischen Hyde und Leavenworth Street in neun Haarnadelkurven abwärts. Die Biegungen und die Blumen dazwischen machen sie zu einer der meistfotografierten Straßen Amerikas. Es gibt neben der Straße auch zwei Fußgängerwege, die wir runter geschlendert und wieder rauf “geklettert” sind. Anschließend setzten wir unsere Fahrt mit dem Cable Car fort.

Abends machten Marianne und ich einen Bummel durch die berühmte Haight Street: ein buntes Völkergemisch der Einheimischen, in allen Regenbogenfarben gekleidete Hippies mit Stirnband, schwarz gekleidete Menschen mit unzähligen Piercings und viele Schnorrer. Diese betteln jedoch nicht aggressiv, sondern eher lustig mit Pappschildchen auf den beispielsweise steht: “Spare für einen Van” oder “Was soll ich lügen. Ich habe Durst.” Auffallend auch die vielen Leute, deren Körper mit unzähligen Tattoos übersät ist.

Was uns noch auffällt: Dieser seltsame Geruch, der meist von Gruppen von jungen , aber auch älteren Menschen ausgeht, die locker auf dem Bürgersteig lagern. -  Das ist kein Gestank, der aus den zahlreichen Restaurantküchen oder von den Abwässern oder sonst woher kommt. Diesen süßlichen uns unbekannten und undefinierbaren Geruch können wir zunächst nicht einordnen. Dann dämmert es uns: Das muss Haschisch sein!

Obwohl uns die Haight Street schon reichlich merkwürdig und ein wenig unheimlich (besonders am Abend) erscheint, so ist die Atmosphäre durchaus nicht aggressiv, im Gegenteil die allermeisten Leute sind überaus freundlich und hilfsbereit. Dennoch ist die Stimmung schon ein wenig befremdlich und unsicher, aber nicht bedrohlich.

HALT! HALT!  Wenn ich in diesem Umfange weiter schreibe, ergibt das sicherlich einen weiteren Reiseführer über San Francisco, der jedoch überflüssig  ist, denn es gibt längst viele bessere. Außerdem ist über viele Ziele und Sehenswürdigkeiten auch schon an anderer Stelle im Blog berichtet worden.

Daher möchte ich nur noch über ein herausragendes Erlebnis berichten: Am Sonntag Abend verspürte Marianne Lust auf eine Zigarette und bat mich, sie zu begleiten. Wie erwartet zog es sie wie magisch zur Haight Street. Als wir uns der Kreuzung Haight/Clayton Street näherten, überholte uns ein Polizeiwagen mit diesem durchdringenden Sirenengeheul, wie man es aus amerikanischen Filmen kennt. Das war zunächst noch nichts Ungewöhnliches…

Doch dann sah ich einen jungen Mann die Haight Street herauf hetzen. Im selben Moment schossen aus allen vier Himmelsrichtungen mit quietschenden Reifen etwa neun Polizeiwagen mit diesem wahnsinnigen Sirenengeheul und Blinklichtgewitter auf die Kreuzung zu. Genau wie in diesen amerikanischen Filmen stoppten sie wild durcheinander auf und vor der Kreuzung, jeweils zwei Polizisten sprangen teils mit gezogenen Waffen aus dem Auto, verfolgten den jungen Mann, erreichten ihn sehr schnell und viele warfen sich auf ihn, so dass er gar nicht mehr zu sehen war. Nach und nach lösten sich die meisten Polizisten von ihm, bis nur noch drei oder vier auf ihm knieten, der bäuchlings und mit dem Gesicht im Staub der Straße lag. Man riss ihm die Arme auf den Rücken und legte ihm recht unsanft Handschellen an, zog ihn ruckzuck hoch und beförderte ihn ziemlich brutal in einen Streifenwagen, wobei er noch einige Drohungen gegenüber den Polizisten und uns unbekannten Personen ausstieß.

Was uns sofort auffiel: keine negativen Äußerungen oder Aggressionen von den Umstehenden gegenüber der Polizei. Das wäre z. B. in Berlin-Kreuzberg o. ä. sicher anders ausgegangen.

Als wir nach Hause kamen und die Story erzählten, konnte Thomas seinen Neid nicht verbergen: “Da lebe ich schon so lange in San Francisco, aber das habe ich noch nicht erlebt…”

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1 Antwort to “Amerika, wir kommen!”

  1. Eva | 21/03/09

    Och schade, dass “Papa Kathrin” nicht mehr geschrieben hat. Ich finde es immer so spannend SF- Berichte von “echten Menschen” zu hören und eben nicht in einem Reiseführer zu lesen.

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